Peenemünde – ein Ort der Gegensätze und Mythen.
In diesem beschaulichen Ostseedorf entstand ab 1937 das größte Raketenforschungsprojekt Nazi-Deutschlands. Mit großem Aufwand wurde die Anlage in kurzer Zeit auf einer Fläche von 25 km² aufgebaut. Rund 5.000 Menschen waren dauerhaft in Peenemünde (untergebracht im Nachbarort Trassenheide) beschäftigt.
In der Heeresversuchanstalt Peenemünde wurde unter der Leitung von Wernher von Braun die Aggregat 4-Rakete entwickelt. Goebbels erfand dafür die Propagandabezeichnung V2 (Vergeltungswaffe 2). Ungeachtet der Folgen entwickelten die Wissenschaftler damit das erste Flugobjekt, das den Weltraum erreichte. Später wurde davon abgeleitet die Luftabwehrrakete Wasserfall.
In der Erprobungsstelle der Luftwaffe „Peenemünde-West“ wurden revolutionäre Flugkörper getestet. Ab 1938 erfolgte hier die weitere Entwicklung der Fieseler Fi 103, auch V1 (Vergeltungswaffe 1) genannt, bis zur Serienreife.
In der Nacht vom 17. auf den 18. August 1943 flogen die Engländer den ersten Großangriff auf Peenemünde. Rund 600 Bomber warfen ihre Fracht ab, doch trafen sie anstatt der Versuchsanlage die Wohnsiedlungen und Zwangsarbeiterlager in Trassenmoor. Im Herbst folgten weitere Luftangriffe, was zur Verlagerung der Serienproduktion in das sogenannte Mittelwerk im Harz führte. Rund 20.000 Menschen kamen bei der Produktion dieser „Wunderwaffen“ ums Leben – mehr als der militärische Einsatz Opfer forderte.
Am 4. Mai 1945 besetzte die Rote Armee kampflos das Peenemünder Betriebsgelände – die meisten Wissenschaftler hatten sich bereits nach Süddeutschland abgesetzt. Bis 1956 war Peenemünde dann sowjetischer Marine- und Luftwaffenstützpunkt. 1956 erfolgte die Übergabe des Stützpunktes an die NVA.
Heute befinden sich hier zwei Museen. Zum einen das Historisch-Technische Informationszentrum und zum anderen das U-Boot Museum, welches im Prinzip nur aus einem Raketen-U-Boot besteht.
Historisch-Technisches Informationszentrum
In der Bunkerwarte des Kraftwerkes vermitteln Dokumente, Originalteile und Modelle eine Vorstellung von der Arbeit der Peenemünder Spezialisten und von den verheerenden Folgen der neuen Waffen.
Luftfahrzeuge im Freigelände (Stand: August 2008):
- Aero L-39ZO Albatros
- Antonow An-2TD
- Kamow Ka-26
- LET Z-37A ‚Cmelak‘
- Mikojan-Gurewitsch MiG-17AS
- Mikojan-Gurewitsch MiG-21PFM
- Mikojan-Gurewitsch MiG-23ML
- Mil Mi-2
- Mil Mi-8T
- Suchoi SU-22M4
- Boden-Luft-Rakete Wolchow 20D (W-755)
- Boden-Luft-Rakete 3M8M des Komplexes Krug
- Boden-Luft-Rakete 3M9M des Komplexes Kub
- Boden-Luft-Rakete Newa 5W27 (W-601P)
- Boden-Luft-Rakete Wega S-200 WA
- Boden-Boden-Rakete 9M21 des Komplexes Luna-M
sowie im angrenzenden Hafen ein kleines Raketenschiff
Projekt 1241 RÄ (NATO-Code: Tarantul I ) aus dem Bestand der Nationalen Volksarmee.
[gebaut 1986 in der UdSSR, ausgemustert 1990 in Dranske (Rügen) und seit 1999 Museumsschiff]
Taktische Daten:
Besatzung: 38 Mann; Verdrängung (maximal): 490 t
Länge: 56,9 m, Breite: 11,3 m, Tiefgang (maximal): 3,87 m
Bewaffnet mit Seeziel-FK-System P 20 mit zwei Doppelhangars, einem 76 mm Decksturmgeschütz AK 176, zwei 30 mm Revolverkanonen (Gatling, sechsläufig) AK 630 sowie einem Vierfachstarter FASTA 4 für Strela-Raketen.
Im Jahr 2011 wird das in Historisch-Technisches Museum Peenemünde umbenannte Areal saniert. Dazu sind die Förderbrücke eingerüstet sowie die bisher ausgestellten Flugzeuge und Hubschrauber an die Leihgeber zurückgegeben.
Maritim Museum Peenemünde
Seit Weihnachten 1998 liegt das größte jemals gebaute konventionell betriebene U-Boot der Welt im Hafen von Peenemünde. Das Raketen-U-Boot U-461, sowjetisches Projekt 651, das einst in der baltischen Rotbannerflotte seinen Dienst tat. Ausgemustert im Jahre 1993.
Von diesem Typ waren ursprünglich bis zu 72 Einheiten geplant, tatsächlich wurden nur 16 Einheiten gebaut, um die knappen Ressourcen in der UdSSR auf den Bau von Atom-U-Booten konzentrieren zu können.
Das U-Boot ist etwa 86 Meter lang, 10 Meter breit und über 4.000 Tonnen schwer. Es wurde zwischen 1961 und 1965 gebaut und zwar speziell zur Bekämpfung von US-Flugzeugträgern. Vier Marschflugkörper waren für den Beschuss an Bord. Zum Abfeuern dieser Waffen musste das U-Boot auftauchen.
Zu besichtigen sind die Radar- und Sonaranlage, die Torpedoräume, der Maschinenraum, die Kombüse und die Mannschaftsunterkünfte. 80 Mann Besatzung lebten hier auf engem Raum miteinander.
Unweit vom U-Boot liegt noch der 125 Jahre alte 3-Mast-Großsegler VIDAR vor Anker.
Links
Historisch-Technisches Museum Peenemünde
Im Kraftwerk
17449 Peenemünde (Map)
Military Airfield Directory: Flugplatz Peenemünde – Flugplätze im Kalten Krieg